Video – mein neues altes Medium

Bis vor gut sechs Wochen war ich stellvertretender Chefredakteur der Make – Deutschlands gefährlichstem DIY-Magazin; jetzt mache ich beruflich was ganz anderes. Artikel habe ich immer sehr gerne geschrieben (anderfalls hätte ich wohl auch nie dieses Blog angefangen), aber leider brachte die leitende Tätigkeit für mich mit sich, dass ich immer weniger selbst geschrieben, dafür mehr redigiert und vor allem viel mehr organisiert und auch in Sitzungen gesessen habe. Trotzdem ist über die Jahre natürlich einiges zusammengekommen, was online gegegangen ist und über dem ich (zumindest als Mit-)Autor stehe. Eine umgekehrt chronologische Liste (das neueste steht oben) gibt es auf meiner Autorenseite bei heise online.

Video als Spielwiese

Ein paar dieser Beiträge bestehen in erster Linie aus einem Video mit etwas Text drumherum. Tatsächlich waren für mich diese Videos, die ich in meiner letzten Zeit bei Make zwischendrin immer mal wieder mal machen konnte, für mich sehr befriedigend: Denn bei diesen kurzen Filmen habe ich alles selber gemacht, mir ein Konzept für den Ablauf ausgedacht, den Text fürs Skript geschrieben, Bild und Ton aufgenommen und das ganze am Ende geschnitten. Deshalb fühlen sich die fertigen Filme für mich auch ein wenig an wie abgeschlossene Werke – auch wenn ich Werk als Begriff zu hochtrabend finde, es geht ja nicht um Kunst, sondern um Gebrauchsfilme. Aber auf einige davon bin ich ehrlich stolz.

Hier ist mein letztes Make-Video, bei dem es um den Test eines smarten Lineals ging, den NeoRuler von Hozo Design, der mich am Ende aber nicht wirklich überzeugt hat:

Gedreht habe ich übrigens in den letzten Jahren fast ausschließlich mit meinem jeweils aktuellen Smartphone, in diesem Fall ist das ein Fairphone 5. Als App nehme ich im Prinzip immer noch gerne Filmic, früher in der Pro-Version, inzwischen als Filmic Legacy, denn der Hersteller hat stillschweigend sein Geschäftsmodell vom Einmalkauf zum Abo-Modell geändert und was der jetzt monatlich haben will, ist für mich als Gelegenheitsnutzer leider viel zu teuer. Hingegen kostet die Schnittsoftware DaVinci Resolve kein Geld – aber eine Menge Einarbeitungszeit habe ich durchaus investiert. Ich finde aber, das hat sich gelohnt.

3D-Scanner im 2D-Video

Mehr Spaß mit meinen Testgeräten als beim (doch nicht so) smarten Lineal hatte ich bei den insgesamt drei 3D-Scannern, die ich in zwei Videos ausführlich vorgestellt habe. Es geht dabei um die Modelle Pop 2 sowie Mini des Herstellers Revopoint und das Open-Source-Projekt OpenScan Mini:

Die Unboxing- und Montagesequenzen sind dabei am Video-Arbeitsplatz in der Make-Redaktion entstanden, wo es fest installierte Kameras und Leuchten gibt, die auf den Arbeitstisch gerichtet sind – so etwas erleichtert die Dreharbeiten deutlich. Den NeoRuler-Film habe ich hingegen komplett im „Home Studio“ gedreht, genauer gesagt zum Teil auf dem Schreibtisch und zum anderen auf dem Esstisch. Einzige Ausnahme: Das Intro und das Fazit, bei dem ich im Bild bin, hat meine Kollegin Dunia im Make-Labor gefilmt. Sowas ist tatsächlich viel einfacher, wenn man ein Gegenüber hat, das die Kamera hält. Lustiger ist es auch.

Schneller produziert

Solche Produkt-Test-Videos bedeuten natürlich eine Menge Aufwand, denn manchmal ist es gar nicht so einfach, die Funktion der Geräte anschaulich im Film einzufangen. Damit man das Lichtmuster der 3D-Scanner real erahnen kann oder damit die Anzeige des Blinkenlights-Lineals im Video nicht zu sehr flackert (was sie bei der Wahrnehmung mit dem bloßen Auge aufgrund dessen Trägheit überhaupt nicht tut), waren doch einige Experimente mit Bildwiederholraten und Beleuchtung nötig.

Die Datenmodelle, die aus den 3D-Scannern kamen, habe ich zudem in Blender importiert und so gerendert, dass man die Unterschiede sehen kann und zum Teil die Ergebnisse auch noch interaktiv drehbar bei Sketchfab hochgeladen – auch das kostet natürlich alles Zeit.Funktioniert aber auch hier, weil es so schön ist:

Am Ende kostete der Schnitt natürlich auch noch viele Stunden. Um das alles zu beschleunigen, habe ich mir bei jedem Video aufgrund der bisherigen Erfahrungen aufs Neue überlegt, wie ich am besten vorgehe: Erst den Text schreiben und dann Bilder dazu drehen? Erst die Bilder machen und schneiden, dann einen Text dazu aus dem Off live einsprechen? Den Rohschnitt machen und dann einen Text dazu schreiben und den in Ruhe einsprechen? Ich habe alles probiert und in der Summe machte das alles zeitlich kaum einen Unterschied: Jedes der drei oben gezeigten Videos dürfte am Ende etwa 25 bis 35 Stunden Arbeitszeit gekostet haben.

Schneller gibt es bei zwei einfacheren Videos. Das erste erschien in der Vorweihnachtszeit 2022 und zeigt Last-Minute-DIY-Geschenke von und für Maker. In meinem Video darin ging es darum, wie man etwa aus alten Kalenderblättern hübsche Faltschachteln für Kleinigkeiten herstellen kann:

Noch kompakter ist dieser Einspieler aus der „Entertainmentshow“ der virtuellen Maker Faire Hannover 2021 – es war mitten in Corona (und an Friseurbesuche nicht zu denken, wie man an meinen Haaren sieht):

 

Die Begrüßungssequenz am Anfang ist bei einem der seinerzeit seltenen Besuche im Büro entstanden, gedreht habe ich mit meinem damaligen Nokia 7 Plus und den Ton habe ich notgedrungen mit dem eingebauten Mikro aufgenommen. Für die Stimme aus dem Off beim eigentlichen Tutorial (die ja deutlich anders klingt) habe ich das Mikro eines wirklich guten Headsets benutzt, aber das viel zu dicht am Mund platziert, sodass ich klinge, als hätte ich eine Wäscheklammer auf der Nase. Anfängerfehler. Apropros: Ich bekomme es gerade nicht hin, das Video der kompletten Entertainmentshow von YouTube mit Timecode einzubetten (mein Auftritt ist nämlich erst bei 2:30:18), deshalb habe ich oben einen Ausschnitt aus der Show einmontiert.

Be kind: Rewind

Spulen wir mal weiter zurück: Es war 2015 und noch ein Smartphone vorher (Google Nexus 5) und ich hatte mich auf die Ideen Expo in Hannover verirrt, eine mehrtägige Messe für Schülerinnen und Schüler, die dort für eine berufliche Zukunft in technischen Bereichen begeistert werden sollen. Dort zeigte die Hochschule Jade eine komplett aus Lego gebaute und mit Mindstorms gesteuerte Produktionsstraße für Papierwürfel, deren zentrale Arbeitsgänge ich in zwei Filmschnipseln festgehalten habe:

Seltsamerweise sind die beiden Clips in meiner Online-Geschichte dazu gar nicht (mehr) verlinkt, nur in einer Bildunterschrift erwähnt, auf YouTube haben sie aber inzwischen jeweils weit über 30.000 Klicks gesammelt, im Lauf von neun Jahren natürlich. Meine erfolgreichsten Videos bisher (und das werden sie wahrscheinlich auch auf Dauer bleiben …).

Heute ist es mir eher peinlich, dass ich nicht wenigstens ein Video aus den beiden Teilen zusammengefügt habe, dazu ein paar Standbilder reingeschnitten und eine Texttafel vornedran und am Ende – und dann auch noch der miese Ton …! Aber wahrscheinlich musste es (wie immer) alles ganz schnell gehen.

Schnitt. Nochmal fast zwanzig Jahre früher: Damals, Mitte der 90er, war Videoproduktion noch viel mühsamer, denn man filmte auf Magnetbändern und verbrachte sehr viel Zeit beim Schneiden mit dem Spulen, bis man an der richtigen Stelle für einen Schnitt war. Tatsächlich habe ich Filmen und Schneiden noch in der analogen Zeit gelernt, an der Hochschule für Künste in Bremen – aber das ist mal ein Thema für einen eigenen Artikel hier im Blog. Nur noch soviel: Damals zählte Video zu den neuen Medien und deshalb ist Video, wie die Überschrift sagt, für mich ein altes neues Medium – oder eben umgekehrt: Weil es jetzt auf jeden Fall eines ist, was nicht mehr Teil meines Jobs ist. Aber mal schauen, was noch daraus so wird.